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  Depressionen
                                            - was sind Depressionen und was kann man dagegen tun?

Die Depression aus der Sicht eines Angehörigen

Viele depressive Menschen verstehen sich und ihre Welt, können jedoch die Welt der "Anderen" nicht mehr verstehen.

Genauso können sich Menschen, die noch nie etwas mit Depressionen zu tun hatten, das Leben mit einem depressiven Menschen nicht vorstellen.

Deswegen hier einige Beispiele, wie die Depression auch das Leben Angehöriger verändern kann.

 

Die Geschichte von Michael
Und plötzlich war alles anders

Ich kannte "meine" Christine schon seit Jahren, wir waren sogar in die gleiche Schule gegangen. Sie sah immer so lustig aus, mit ihren Zöpfen und den Sommersprossen auf der Nase.

Nach der Schule, wir waren beide in der Ausbildung, trafen wir uns eines Abends in einer Disko wieder. Schnell hatten wir wieder ein gemeinsames Thema, unsere Schulzeit. Und da bemerkte ich, daß ich sie damals schon gemocht hatte. Sie war zwar immer etwas schüchtern oder zurückhaltend, aber vielleicht war es genau das, was mich so anzog.

Wie das Leben so spielt, wir heirateten schließlich. Es kamen zwei Kinder, wir bauten uns ein Haus und waren glücklich mit uns.

Nach Jahren, als die Kinder schon größer waren, veränderte sich Christine.

Klar, die Kinder brauchten sie nicht mehr so sehr, auch das Werkeln am Haus und im Garten waren bis auf das Nötigste erledigt. Sie hätte wahrscheinlich auch gerne wieder gearbeitet, aber nach so langer Hausfrauentätigkeit war es schwer, einen Vollzeitjob zu kriegen. Und während ich mich über die langsam wiedergewonnene Ruhe in unserer Ehe freute, schien sie darunter zu leiden, daß sie, wie sie meinte, immer unwichtiger wurde.

Zu dieser Zeit fing dann auch das Problem im Bett an. Sie "wollte" nur noch selten, manchmal dachte ich, sie macht "es" nur noch mir zu liebe. Aber da wird ja nun schon so lange zusammen waren, dachte ich, wäre das vielleicht normal.

Bis Christine eines Nachts schreiend aufwachte. Ich dachte, sie hätte einen Alptraum. Aber sie stand auf und rannte durch die Wohnung. Sie sagte, sie hätte das Gefühl, sie platze gleich. Nach einer Stunde, es wurde nicht besser, rief ich dann den Notarzt. Sie war leichenblass, schwitzte kalt, ich erkannte sie nicht wieder. Ich hatte Angst!

Der Arzt gab ihr eine Beruhigungsspritze und riet mir, sie am nächsten Tag zum Hausarzt zu bringen. Nervenzusammenbruch! Einfach so, aus heiterem Himmel... zumindest für mich.

Der Hausarzt bescheinigte Christine eine Depression. Er verschrieb ihr Medikamente und riet zu einem Psyichiater zu gehen. Allerdings seien die Wartezeiten lange, meinte er. Nun gut, kann man nicht helfen, wir hatten ja die Medikamente...

Ein paar Tage ging es auch, bis ich eines Tages von der Arbeit kam und sie völlig verheult und am Boden zerstört vorfand. Sie hatte wieder einen "Anfall", wie ich es für mich nannte.

Also wieder zum Hausarzt, der gab ihr wieder etwas zur Beruhigung, und es ging wieder an dem Tag.

So langsam begann ich mich über die Depression schlauzulesen. Die Betroffenen haben keinen Mut mehr, keine Freude, sie fühlen nichts. Also war mir klar: Da kannst Du etwas tun!

Ich kaufte ihr also Blumen, nicht nur einmal, ich lud sie zum Kino und Essen ein, ging mit ihr shoppen. Und natürlich auch im Bett wollte ich ihr eine, oder eher mehrere, Freuden bereiten. Was zurückkam war... nichts! Sie ging mit mir ins Kino, danach nach Hause und ins Bett. Wir gingen Essen, dabei redete sie kein Wort, danach nach Hause und ins Bett. Ich kaufte ihr ihre Lieblingsklamotten, die sie einmal anhatte, danach hingen sie im Schrank.

Und im Bett... naja, man kann sich ja denken, was nun kommt... es ging jedenfalls nichts.

Ich hatte plötzlich Angst um uns, um unsere Beziehung. Liebte sie mich nicht mehr? Hatte sie mich satt? Ekelte sie sich vor mir? Hatte sie einen anderen??? Wollte sie sich gar scheiden lassen? Ich hatte wirklich starke Zweifel an uns.

Zum Glück bekam Christine etwa zu dieser Zeit auch eine Therapie beim Psychologen. Nach einigen Sitzungen durfte ich dann einmal mit. Und was mich da erwartete, brachte mich glatt zum Heulen.

Plötzlich sprach sie wieder mit mir. Über uns, über sich, über mich.
Wie sehr sie sich verachtete, daß sie mir ihre Liebe nicht mehr zeigen kann. Wie sehr sie es liebt, daß ich mich um sie bemühe, und dass ich und die Kinder lange Zeit ihr einziger Halt waren.

Sie erzählte mir endlich, in welchem tiefen Loch sie saß, daß sie sich an vielen Tage wie in Watte gepackt fühle, oder als sei der Kopf mit Blei ausgegossen.

Heute, nach über einem Jahr Therapie, ist sie endlich wieder so weit, daß sie ab und zu wieder lachen kann. Sie beginnt wieder, Freunde zu besuchen und wir kuscheln wieder öfters. Von normal kann immer noch keine Rede sein.

Aber eines weiß ich: Christine und ich, wir haben schon einen so langen Weg miteinander zurückgelegt, und wir schaffen den Rest auch noch! Zusammen!

 

 

Die Geschichte von Lisa
Liebt er mich noch?

Also wenn es ein Paar gibt, dann Fred und mich!!! Ja, so hätte ich vor einem Jahr jedem geantwortet, der mich gefragt hätte, wie unsere Beziehung so läuft.

Aber jetzt?

Fred wurde vor 6 Monaten arbeitslos, damit fing glaube ich alles an. Da ich noch arbeite, war Fred den ganzen Tag alleine zu Hause. Kinder haben wir keine, und seine meisten Freunde hatte er auf Arbeit, der Kontakt verlief sich also nach und nach.

Wenn ich nach Hause kam, redeten wir ein paar Worte, dann Fernseher an, und so verging der Abend. Am Wochenende hatte er dann immer öfter Kopfschmerzen oder andere Wehwehchen, so daß wir auch nicht mehr viel unternehmen konnten.

Leider tat er auch im Haushalt nicht viel, was bedeutete, daß ich umso mehr gefordert war. Wir hatten auch oft Streit deswegen. Und auch wegen seiner Arbeitslosigkeit. Ich meinte, er müsse bald mal wieder etwas arbeiten, aber er bekam seinen Hintern nicht mehr hoch. Er meinte, er finde sowieso nichts.

Im Bett wurde es auch nicht mehr so prickelnd wie früher. Er war immer müde, machte mir keine Komplimente mehr, hatte immer öfter keine Lust. Bis es so weit war, daß er noch nicht mal mehr eine Errektion bekam.

Für mich als Frau ein mehr als deutliches Warnsignal!
Hatte er sich in eine andere verliebt? Was macht er eigentlich den ganzen Tag zu Hause, so allein? Oder war er gar nicht allein? Ging er zu ihr, oder lagen sie in MEINEM Bett und taten das "Unaussprechliche"?

Ich stellte ihn zur Rede, ich beschuldigte ihn, ich verlachte ihn. Ich war wütend, gekränkt, beleidigt, enttäuscht!
Heute kann ich ihn nur noch um Vergebung bitten!!!

Ich kam ab und an in der Mittagspause von der Arbeit nach Hause, um zu sehen was los ist.
Aber er saß immer vor dem Fernseher oder lag im Bett.
Ich prüfte die Telefonrechnung, aber es wurde nicht telefoniert. Und schließlich nahm ich mir sogar einen Tag frei und beobachtete vom Café nebenan unsere Wohnung, ob jemand geht oder kommt, ob die Vorhänge geschlossen werden oder sowas. Aber nichts außergewöhnliches passierte.

Ich wußte schließlich keinen Rat mehr, und da er sich mir auch nicht öffnete, ging unsere Beziehung kaputt.

Erst als mich eine Freundin einmal zur Seite nahm und mich fragte, was los sei, kam uns dann der Gedanke, daß Fred eine schwere Depression hat.

Ich schleppte ihn geradezu zu seinem Arzt, damit er Hilfe bekommt.

Heute weiß ich, daß ich mit meinem Mißtrauen und meinen Vorwürfen alles nur noch schlimmer gemacht habe. Aber damals konnte ich einfach nicht anders.

Wir sind inzwischen nicht mehr zusammen, aber wir treffen uns noch manchmal. Er sagt, er mache jetzt eine Therapie und nehme Tabletten.

Und an manchen Tagen, so sagt er, sieht er sogar die Sonne wieder, wenn sie scheint.